Publikationen

Geschichte

„Der vornehmste Anspruch der modernen Geschichtsschreibung geht jetzt dahin, Spiegel zu sein; sie lehnt alle Teleologie ab, sie will nichts mehr ‚beweisen‘“. Friedrich Nietzsches Wort aus seiner „Genealogie der Moral“ (1887) ist noch immer aktuell – zugleich das Motto über all dem, was die folgenden Seiten anstreben: Sie wollen „Dinge“ zum Sprechen zu bringen – so nebensächlich sie auch erscheinen mögen wie ein Bausatz für die Modelleisenbahn, eine Werbeanzeige oder ein Notgeldschein. In einer Archäologie des Alltags werden „Dinge“ zu Seismographen, die uns nicht zuletzt bei der Suche nach Selbsterkenntnis voranbringen. Eine solche Geschichtsschreibung, die über die Auseinandersetzung mit Textdokumenten immer wieder weit hinausgeht, sich intensiv mit Bildern, Objekten, vielfach verschachtelten, oft materialisierten Quellen zuwendet, kommt nicht nur unseren verborgenen Defiziten auf die Spur, sondern fördert darüber hinaus vieles Unerwartete zu Tage…

Kommunikation

„Man kann nicht nicht kommunizieren!“ In seiner doppelten Verneinung eröffnet Paul Watzlawiks bekanntes Wort den Blick sowohl auf die Universalität als auch die Abgründe dessen, was wir unter „Kommunikation“ abheften. Diese gehört zur Grundverfassung des Menschen, ebenso wie er selbst eingespannt bleibt in dieses System mit seinen Faktoren Sender, Empfänger, Kanal und Botschaft – ganz gleich, ob die Kommunikation „gelingt“ (persuasiv erfolgreich ist), er sich der Botschaft verweigert oder sie anders aufnimmt als vom Sender intendiert. Als hilfreich zur Ortsbestimmung hat sich bis heute die Lasswell-Formel erwiesen „Wer sagt was in welchem Kanal zu wem mit welchem Effekt?“ Besonders spannend wird es, wenn Kommunikation „asymmetrisch“ verläuft, wenn wenige mit vielen kommunizieren wie in der Werbung, der Öffentlichkeitsarbeit oder Propaganda – oder gar, wenn Epochen über ihre Images miteinander in eine kommunikative Beziehung gesetzt werden (z.B. „die goldenen Fünfziger Jahre“ etc.)

Kultur

Kultur ist ebenso Selbstausdruck wie Bedingung der conditio humana. So wie der Mensch eine besondere Begabung als „Werkzeugmacher“ hat, ist er auch ein Erfinder, Verwalter und Nutzer immaterieller Zeichen. Er tritt als Gestalter, Deuter und Veränderer seiner Umwelt auf kann er gar nicht anders als „Werke“ zu produzieren. Dies können der Nachhaltigkeit verpflichtete Hinterlassenschaften der (sogenannten) Hochkultur ebenso sein wie (sogenannte) Alltagsobjekte, Rituale oder soziale Organisationen. Entscheidend ist, dass und wie sie Bedeutungen tragen und in eben dieser Funktion darauf angewiesen sind dechiffriert zu werden – und somit berechtigt Anspruch machen Kulturgut zu sein. Als offenes und weit angelegtes und nicht nur auf eine Ausdruckform festgelegtes System arbeitet Kultur selbstreferentiell.

Literatur

„Jedes Thema als Handschuh betrachten. Umstülpen!“ Wie kaum ein anderer Autor versteht es Elias Canetti unmerklich vom belletristischen in den Sachbuch-Modus zu wechseln. Fakten als solche sind kalt und tot, erst die Sprache kann sie verwandeln und sinn-fällig machen. Schließlich ist der Mensch kein Algorithmus, oder doch zumindest nicht nur, ebenso wie das Leben selbst immer Poesie ist, aber natürlich nicht nur… Es gab Zeiten, in denen es als geradezu unanständig galt, wenn Wissenschaft nicht in Versen präsentiert wurde. Schließlich gab es dafür sogar eine eigene Muse: Klio. Was also ist Literatur anderes als die Wiederbelebung, Aufhebung und Verfügbarmachung von Menschenwissen und Menschenerfahrung? Wo Non-Fiktion und Fiktion zusammenfallen, um „umgestülpt“ zu werden wie der Handschuh Canettis, wird, was zuvor noch Sachtextcharakter trug, lebendig wie Literatur, fängt an zu laufen um als „große Erzählung“ im Gedächtnis haften zu bleiben.