Die literarische Versglosse, noch im 19. Jahrhundert recht verbreitet, ist gänzlich aus der Mode gekommen. Dabei wählt der Autor in satirischer Absicht ein Zitat aus dem lyrischen Erbe und versucht, es in einem neuen Licht erscheinen zu lassen, indem er die Vorlageverse am Ende einer jeweils 10-versigen, meist trochäischen, Strophe aufnimmt und karikiert. Bei den in meine folgenden Versglossen eingestreuten Abbildungen handelt es sich um sogenannte Seriennotgeldscheine aus den Jahren 1920 – 1922. Dazu erscheint im April 2021 mein Buch „Notgeld. Zu schön, es auszugeben“ (168 S., 253 farbige Abb., Jonas-Verlag Weimar, ISBN978-3-89445-584-2).
Warum Schiller sich zur Versglosse besonders gut eignet?
Schon Georg Büchner mokierte sich über die gespreizten, aus seiner Sicht „falschen“ Helden Friedrich Schillers. Noch härter mit dem Weimarer Klassiker ging Friedrich Nietzsche ins Gericht und stellte ihn in die Reihe seiner „Unmöglichen“ (F.N.: Götzendämmerung: Streifzüge eines Unzeitgemäßen 1). Es war vor allem die blecherne Rhetorik, die angestrengt-übertriebene Pose, die in Nietzsches Augen immer in Gefahr war, den gesucht-heldenhaften Gestus ins Komische, ja Lächerliche umschlagen zu lassen… (Ein paar diesbezügliche Zitate gefällig? – „Ehret die Frauen. Sie flechten und weben / himmlische Kränze ins irdische Leben“; „Ans Vaterland, ans teure, schließ‘ Dich an…“ Die Szene wird zum Tribunal“ etc. etc. etc.) In Anlehnung an das zu Nietzsches Zeiten sehr populäre Versepos Joseph Victor von Scheffels „Der Trompeter von Säckingen“ („…er war nur ein Trompeter, und doch bin ich ihm gut…“) verspottete er Schiller als seinen „Moraltrompeter von Säckingen“.