Geschichte – Kommunikation – Kultur – Literatur [Wissenschaft trifft Belletristik]
Worum es geht
Geschichte
„Der vornehmste Anspruch der modernen Geschichtsschreibung geht jetzt dahin, Spiegel zu sein; sie lehnt alle Teleologie ab, sie will nichts mehr ‚beweisen‘“. Friedrich Nietzsches Wort aus seiner „Genealogie der Moral“ (1887) ist noch immer aktuell – zugleich das Motto über all dem, was die folgenden Seiten anstreben: Sie wollen „Dinge“ zum Sprechen zu bringen – so nebensächlich sie auch erscheinen mögen wie ein Bausatz für die Modelleisenbahn, eine Werbeanzeige oder ein Notgeldschein. In einer Archäologie des Alltags werden „Dinge“ zu Seismographen, die uns nicht zuletzt bei der Suche nach Selbsterkenntnis voranbringen. Eine solche Geschichtsschreibung, die über die Auseinandersetzung mit Textdokumenten immer wieder weit hinausgeht, sich intensiv mit Bildern, Objekten, vielfach verschachtelten, oft materialisierten Quellen zuwendet, kommt nicht nur unseren verborgenen Defiziten auf die Spur, sondern fördert darüber hinaus vieles Unerwartete zu Tage…
Kommunikation
„Man kann nicht nicht kommunizieren!“ In seiner doppelten Verneinung eröffnet Paul Watzlawiks bekanntes Wort den Blick sowohl auf die Universalität als auch die Abgründe dessen, was wir unter „Kommunikation“ abheften. Diese gehört zur Grundverfassung des Menschen, ebenso wie er selbst eingespannt bleibt in dieses System mit seinen Faktoren Sender, Empfänger, Kanal und Botschaft – ganz gleich, ob die Kommunikation „gelingt“ (persuasiv erfolgreich ist), er sich der Botschaft verweigert oder sie anders aufnimmt als vom Sender intendiert. Als hilfreich zur Ortsbestimmung hat sich bis heute die Lasswell-Formel erwiesen „Wer sagt was in welchem Kanal zu wem mit welchem Effekt?“ Besonders spannend wird es, wenn Kommunikation „asymmetrisch“ verläuft, wenn wenige mit vielen kommunizieren wie in der Werbung, der Öffentlichkeitsarbeit oder Propaganda – oder gar, wenn Epochen über ihre Images miteinander in eine kommunikative Beziehung gesetzt werden (z.B. „die goldenen Fünfziger Jahre“ etc.)
Kultur
Kultur ist ebenso Selbstausdruck wie Bedingung der conditio humana. So wie der Mensch eine besondere Begabung als „Werkzeugmacher“ hat, ist er auch ein Erfinder, Verwalter und Nutzer immaterieller Zeichen. Er tritt als Gestalter, Deuter und Veränderer seiner Umwelt auf kann er gar nicht anders als „Werke“ zu produzieren. Dies können der Nachhaltigkeit verpflichtete Hinterlassenschaften der (sogenannten) Hochkultur ebenso sein wie (sogenannte) Alltagsobjekte, Rituale oder soziale Organisationen. Entscheidend ist, dass und wie sie Bedeutungen tragen und in eben dieser Funktion darauf angewiesen sind dechiffriert zu werden – und somit berechtigt Anspruch machen Kulturgut zu sein. Als offenes und weit angelegtes und nicht nur auf eine Ausdruckform festgelegtes System arbeitet Kultur selbstreferentiell.
Literatur
„Jedes Thema als Handschuh betrachten. Umstülpen!“ Wie kaum ein anderer Autor versteht es Elias Canetti unmerklich vom belletristischen in den Sachbuch-Modus zu wechseln. Fakten als solche sind kalt und tot, erst die Sprache kann sie verwandeln und sinn-fällig machen. Schließlich ist der Mensch kein Algorithmus, oder doch zumindest nicht nur, ebenso wie das Leben selbst immer Poesie ist, aber natürlich nicht nur… Es gab Zeiten, in denen es als geradezu unanständig galt, wenn Wissenschaft nicht in Versen präsentiert wurde. Schließlich gab es dafür sogar eine eigene Muse: Klio. Was also ist Literatur anderes als die Wiederbelebung, Aufhebung und Verfügbarmachung von Menschenwissen und Menschenerfahrung? Wo Non-Fiktion und Fiktion zusammenfallen, um „umgestülpt“ zu werden wie der Handschuh Canettis, wird, was zuvor noch Sachtextcharakter trug, lebendig wie Literatur, fängt an zu laufen um als „große Erzählung“ im Gedächtnis haften zu bleiben.
Kategorien
Erläuterung der Kategorien
Historische Werbung und Propaganda (inklusive der sogenannten PR (=Public Relations) oder Öffentlichkeitsarbeit) fasziniert mich seit Mitte der 80er Jahre in ihrer Qualität als veritabler, aber bis heute viel zu sehr vernachlässigter Spiegel der Zeitgeschichte. Doch sehr schnell musste ich feststellen, welche Schwierigkeiten es bereitete, diese Quellen zu erschließen und sie für die Geschichtsschreibung fruchtbar zu machen. Auch wenn sich die Situation in den letzten 30 Jahren deutlich gebessert hat, so gelten solche Quellen gemeinhin noch immer als nicht sammelnswert. Noch immer wird man keine Universitätsbibliothek finden, die einem dabei helfen kann, z.B. eine bestimmte UHU-Anzeige von 1955 ausfindig zu machen.
Also besuchte ich schon in den frühen neunziger Jahren ältere Werbefachleute und übernahm ihre Unterlagen, baute eigene Sammlungen an Anzeigen, Prospekten, Werbemitteln auf – immer mit dem Ziel darüber zu schreiben, diese Quellen für die Erforschung der Zeitgeschichte zu nutzen. Alle Beiträge, die Sie in dieser Abteilung vorfinden, sind letztlich vor diesem Hintergrund entstanden. Als besondere Herausforderung empfand ich bei diesem Thema stets die Tatsache, dass eine kleine Elite stellvertretend für die Masse spricht (oder dies vorgibt). Wer sich mit historischer Werbung und Propaganda befasst, muss also zwangsläufig immer viele Sorten von Geschichtsschreibung zusammenführen: Kunst- und Kulturgeschichte, Kommunikationswissenschaften, Geschichte der Werbekritik, Mentalitätsgeschichtsschreibung und vieles anderes mehr…
Noch immer erliegt die
Kulturgeschichte häufig der Versuchung eine Aufteilung der Welt in
„bedeutend“ und „unbedeutend“ vorzunehmen. Das liegt vermutlich daran,
dass sie selbst als humane Selbstvergewisserungswissenschaft zutiefst
bildungsbürgerlichen Traditionen verhaftet ist und noch heute in dieser
Funktion recht gut funktioniert (ohne dass dies offen ausgesprochen
wird). Dabei kann aber, was die die kleinen und banalen Dinge des
Alltags zu erzählen haben, nicht nur sehr viel spannender, sondern auch
erkenntnisfördernder sein als der angestrengte Blick auf die als
kanonisch geltenden Werke der Hochkultur. Um das Renommee einer
Kulturgeschichte der Renaissance-Architektur muss sich niemand sorgen.
Eine historisch-semiotische Analyse z.B. des Modellautomarktes der
Baugröße H0 hingegen erweckt bei so manchem noch immer mitleidiges
Lächeln oder gar Kopfschütteln, gleiches gilt etwa für
Seriennotgeldscheine oder das in der Schweiz so beliebte Sammeln von
Kaffeerahmdeckeli. Eben das erscheint aus meiner Sicht nicht angebracht.
Abseits des Mainstreams bildungsbürgerlicher Kulturgeschichtsschreibung
gibt es so viele noch unentdeckte dingliche Herausforderungen, deren
Analyse schon deswegen verheißungsvoll erscheint, weil sie noch den Atem
des menschlichen Umgangs und Gebrauchs an sich tragen – und schon
deshalb besonders tief in die conditio humana hineinreichen.
Es ist höchste Zeit, dass die
Kulturgeschichte das Spektrum ihrer Themen ausweitet, das Arsenal ihrer
Methoden aufrüstet. Das heißt, ihr neben Augen und Ohren auch alle
anderen Sinne zu öffnen. Die in den letzten Jahren in dieser Hinsicht
vielerorts sichtbaren erfreulichen Ansätze bestärken mich, auf diesem
Wege weiterzuarbeiten und das eine oder andere zu einer universellen
Kulturgeschichte des Alltags beizutragen. Ihrer Bilderwelt widmen sich
denn auch die hier versammelten Beiträge dieser Kategorie, sei es um
eine Märchenfigur zum Sprechen zu bringen, die in deformierter Gestalt
in der Werbung weiterlebt oder sei es die Analyse der Anstrengungen, die
ein ehemaliger Bankräuber macht, um über lange Zeiträume für die Medien
interessant zu bleiben.
Obwohl es sich bei den beiden großen
Themenkomplexen (Chronik der Volksbank Freiburg sowie Kaiserstuhl,
Geschichte des Waisenhauses in Freiburg Günterstal) um Auftragsarbeiten
handelte, gelten beide Projekte inzwischen als exemplarische Arbeiten
zur Freiburger Stadtgeschichte. Dass diese Qualität erreicht werden
konnte, ist zu erheblichen Teilen den jeweiligen Initiatoren zu danken,
welche die gewissenhafte historische Aufarbeitung der Institution,
welcher sie vorstanden, uneingeschränkt förderten: Dr. Franz G. Leitner
in seiner Funktion als damaliger Vorstandsvorsitzender der Volksbank
Freiburg und Lothar Böhler als ehemaliger Direktor der
Stiftungsverwaltung Freiburg.
Nur unter solchen Voraussetzungen
kann historische Aufarbeitung gelingen, die jenseits aller
Lobschreiberei auf einem ethischen Fundament beruht, das zu allererst
der Suche nach der Wahrheit verpflichtet ist. Dass dabei, wie etwa im
Fall der Volksbank Freiburg, nicht nur rühmliche Fakten ans Tageslicht
gelangen würden – wie etwa die Ausschließung von 14 jüdischen
Geschäftsleuten („ein Jude kann kein Genosse sein!“) während der NS-Zeit
– war von vorn herein abzusehen, wurde aber in keiner Weise
hintangesetzt oder kleingeredet. Gleiches gilt für die Darstellung der
teilweise erschreckenden Zustände im städtischen Waisenhaus, in welchem
die Betreuung der Kinder und Jugendlichen zwischen 1894 und 1975
Vinzentinerinnen-Ordensschwestern oblag. Was die Betroffenen in diesem
Heim seinerzeit an Demütigungen, Repressionen, körperlicher und
psychischer Gewalt bis hin zu sexuellem Missbrauch erfahren mussten,
breiten die beiden Bände „Das wirst du nicht los, das verfolgt Dich ein
Leben lang!“ sowie „Wir waren nur verhandelbare Masse!“ auf insgesamt
580 Seiten detailliert aus.
Seit ich kurz vor dem Abitur 1971
mein erstes Drama „Die Wiederkäuer“ schrieb, habe ich literarische
Ausdrucksformen gesucht. Schon im Titel dieses kleinen Stücks, in
welchem die Figur des Schülers als wiederkäuender Zwangslernautomat
karikiert wird, klang eins der Themen, die mich bis heute umtreiben, an:
die Auseinandersetzung mit der kulturellen Tradition. Als Germanist,
Philosoph und Historiker lernte ich während meines Studiums natürlich
dann bald auch, die mich bewegenden Themen und Gegenstände mit der
gebotenen Nüchternheit und Distanz – eben „wissenschaftlich“ – zu
betrachten. Geblieben ist seither das zweigleisige Schreiben, sowohl in
„schönen“ wie auch in reflektiert-nüchternen Buchstaben. Dennoch hat
mich das Auseinanderfallen der Weltwahrnehmung als Wissenschaft oder
(getrennt davon) Kunst/Literatur oder – auf der Ebene des Schreibens –
vermittelt durch sogenannte Sachtexte oder (getrennt davon) Belletristik
nie restlos überzeugt.
Was mich bis heute anspornt, ist die Idee, fiktionale und non-fiktionale Texte endlich wieder zusammenzuführen um z.B. von einem erarbeiteten Wissensfundus ausgehend wieder in die Literaturproduktion einzutreten wie beispielsweise in meinem Text „Schöpfungsmythos und Goldenes Zeitalter. Unsere Nachkriegsgeschichte als Heldenepos“. Dieses Gedicht kontrastiert einen fiktionalen Obertext (in Hexametern) mit einem erklärenden „wissenschaftlichen“ Untertext und führt beide Qualitäten auf eine neue und ungewohnte Art zusammen. Oder ich erarbeite mir das rhetorisches Handwerkzeug der Barocklyrik, um es in einem „modernen“ Gedicht wieder zu Literatur zu machen. Hier als Beispiel mein Frühlingsblütenverhütengedicht.
Tägliches
Tägliches
Unregelmäßig treibt es mich zu einem Sonett, einer Satire oder Ausgüssen anderer Art. Mögen sie an dieser Stelle ihren Ort finden.
Studierte von 1973 bis 1983 an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg unter anderem Germanistik, Philosophie und promovierte 1987 mit einer Arbeit zur Gattungsgeschichte des neueren deutschen Sonetts. Von 1988 bis Ende der 1990er Jahre arbeitete er mit den Historikern Rainer Gries und Volker Ilgen (Freiburger Autorenteam) eng zusammen und engagierte sich in der Bundesgeschichtswerkstatt von 1988 bis 1997. Seit 1997 veröffentlichte er mehrere kulturhistorische Bücher gemeinsam mit Volker Ilgen. Von 1992 bis 1998 war er im „DFG-Projekt Propagandageschichte Freiburg und Leipzig“ (Propaganda während des Kalten Krieges).
Zwischen Oktober 2013 und September 2016 arbeitete er für den BMBF-Forschungsverbund PolitCigs – Die Kulturen der Zigarette und die Kulturen des Politischen in Jena, Hamburg und Wien.
Seit 1998 ist er freier Autor sowohl im wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen als auch im belletristischen Bereich. Er schreibt für Periodika wie das Geschichtsmagazin Damals oder das Sammlermagazin „Trödler“, aber auch für belletristische Zeitschriften wie die „sprachspielereien“ und die Tagespresse. Ebenso verfasst er Beiträge für den Rundfunk sowie für Ausstellungskataloge und Firmenchroniken. Immer wieder schreibt er auch Lyrik. Schindelbeck ist Träger des Inge-Czernik-Förderpreises für Lyrik 2008. Er ist Mitglied in zwei Sprachgesellschaften: dem 1644 von Georg Philipp Harsdörffer gegründeten „Pegnesischen Blumenorden“ und der “Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft zu Köthen/Anhalt“.
Er war vom Sommersemester 2002 bis zum Wintersemester 2012/13 Lehrbeauftragter an der PH Freiburg (Institut für deutsche Literatur). Ebenfalls im Zeitraum von 2002 bis 2013 war er Chefredakteur der Zeitschrift Forum Schulstiftung der Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg, Organ der freien katholischen weiterbildenden Schulen der Erzdiözese Freiburg. Zu Beginn der 2010er Jahre erforschte er die Erziehung im katholischen Waisenhaus Günterstal in den Nachkriegszeit.
In bisher noch nie gesehenem Ausmaß präsentiert Dirk Schindelbeck in diesem illustrierten Band seine Erfindung des Nano-Sonetts. Er behält dabei die altbekannte vierzehnzeilige Struktur dieser Gedichtform bei, verkürzt aber die Zeilenlänge jeweils auf ein Minimum. Dabei jagen sich die Reimwörter, die oft in einem überraschenden Effekt kulminieren. Spaß und Humor erfreuen den Liebhaber solcher Reimkunst. Dazu kommt das Layout von Grafiker Bernhold Baumgartner, mit passendem gefundenem und eigenem Bildmaterial, situationsbedingt justiert zum jeweiligen Thema des Zwergsonetts. Das Geleitwort von Jürgen Gutsch zur Geschichte des Sonetts und der Essay des Autors zur Poetik des Nano-Sonetts liefern das Fundament zum Verständnis der Sonettkunst in Vergangenheit und Gegenwart. Schindelbecks Themen widmen sich MENSCHEN WIE DU UND ICH, den SZENEN EINER EHE, den sehr speziellen MÄNNERWELTEN, wozu auch die AUSSCHLÄGE DER POLITIK gehören und die LICHTGESTALTEN DER KULTUR.
800 Jahre Kloster Günterstal
800 Jahre Kloster Günterstal Zisterzienserinnen, Seidenfabrikanten, Waisenkinder
Waisenhausstiftung Freiburg Freiburg, 2024 mit Karin Groll-Jörger
Anlässlich seiner Gründung vor 800 Jahren präsentiert das vorliegende Buch die wechselvolle Geschichte des ehemaligen Zisterzienserinnenklosters Günterstal – von der ersten Weihe im Jahr 1224 bis auf den heutigen Tag. Fast 600 Jahre sakraler Nutzung stehen dabei gut 200 Jahren Verwendung für wirtschaftliche und soziale Zwecke gegenüber. Nachgezeichnet wird der Weg von der Klostergründung durch Adelheid, der ersten Äbtissin, unter der sich das Kloster schon Ende des 13. Jahrhunderts zu einem der wohlhabendsten und einflussreichsten Frauenklöster im Breisgau entwickelte, bis zu seiner Auflösung im Jahr 1806. Es folgten Verkauf der Anlage, Umbau zur Textilfabrik und Brauerei und schließlich – ab 1894 – in der Trägerschaft der Stiftungsverwaltung die Neunutzung als städtisches Waisenhaus. Seit 1985 stellt die Waisenhausstiftung die Räumlichkeiten mehreren Mietern zur Verfügung. In den Blick genommen wird dabei nicht nur die wechselvolle Geschichte der Klosteranlage selbst mit ihren Erweiterungen, Zerstörungen und Neubauten sowie Leben und Schicksal der Schwestern, sondern auch dasjenige der Kinder, die Mitte des 19. Jahrhunderts in der Spinnerei für einen Hungerlohn arbeiten mussten oder der Jugendlichen, die noch bis in die 1970er Jahre unter dem harten Regime der sie betreuenden Ordensschwestern zu leiden hatten.
Wir gehen zum Gottlieb
Wir gehen zum Gottlieb Die Gottlieb-Lebensmittelmärkte 1871 bis 1992 121 Jahre Einkaufsgeschichte im Südwesten
Wer bis in die 1980er Jahre in Freiburg seinen täglichen Lebensmittel-Einkauf machte, der ging „zum Gottlieb“. So ist „Das Geschäft der sparsamen Hausfrau“ bis heute in der kollektiven Erinnerung abgespeichert. Schließlich war dieses Familienunternehmen aufs engste mit der Stadt und dem Lebensalltag ihrer Menschen verwoben. Mit bis zu 35 Verkaufsstellen in Freiburg selbst – und 135 in Südbaden und weiteren 35 im Saarland – war Gottlieb nicht nur an jeder Ecke präsent, sondern zu seinen besten Zeiten mit über 3.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen einer der größten Arbeitgeber der Stadt. Dieses Buch präsentiert die wechselvolle Geschichte des Familienunternehmens über vier Generationen hin – bis zum Verkauf an Edeka 1992. 1871 von Ludwig Gottlieb in Saarbrücken gegründet, baute sein Sohn die Lebensmittelkette bis 1914 mit 230 Verkaufsstellen zwischen Luxemburg, Saarbrücken, Metz, Colmar und Freiburg zum größten Betrieb seiner Branche im Kaiserreich aus. Als nach der Rückkehr Elsass-Lothringens zu Frankreich 1918 mehr als 90 % aller Filialen verloren gegangen waren, gelang seinem Sohn Arthur Gottlieb in den 1920er- und 1930er-Jahren trotz Inflation und NS-Repressalien der Wiederaufbau in wenigen Jahren – und ein zweites Mal nach dem Zweiten Weltkrieg, nun gemeinsam mit seiner Tochter Ellen. In monatelanger Recherche konnte die Geschichte dieser Lebensmittelfilialkette erarbeitet werden – mithilfe von fast einem Dutzend Zeitzeugen, die seinerzeit bei Gottlieb arbeiteten und ihre Firma bis heute in guter Erinnerung bewahrt haben. Oder wie es der ehemalige Verkaufsleiter ausdrückt: „Ich träume noch heute manchmal von der Neueröffnung einer Gottlieb-Filiale.“
Noch heute sind die Bilder in unseren Köpfen da: große Waschkörbe voll mit wertlosen Millionen- und Milliarden-Mark-Scheinen, mit denen die Schulkinder spielten und die am Ende wie Altpapier im Ofen verbrannt wurden. Es sind die Zeichen der großen Inflation vom Herbst des Jahres 1923. Im Gegensatz dazu sind die Pfennig-Werte des deutschen Seriennotgelds der Jahre 1920-22 kaum bekannt, ausgegeben von über 1400 Städten und Gemeinden überall im Land. Dabei entfalteten gerade diese kleinen Scheine eine ganz besondere Geldkultur. Denn dieses Geld wurde eben nicht entsorgt, sondern oft sogar gehütet wie ein Schatz. Aus primitiven Notzahlungsmitteln des Krieges entstanden, wurde es nach dem Krieg immer schöner und bunter – nicht zuletzt weil ein Sammlermarkt entstand, auf dem sich die Städte einen harten Wettbewerb um das attraktivste Notgeld lieferten. Was weiß dieses Geld nicht alles über die Menschen in ihrer Zeit zu erzählen! Geld, das den Mund aufmachte, das wütend aufschrie, über sich selber lachte, über 6, 8, 10 Scheine hinweg Gedichte vortrug, Geschichten erzählte…
Erstmals führt dieses Buch in die sich über ein ganzes Jahrzehnt hinziehende Geschichte der Notgeldproduktion in all seinen Phasen ein: von den Anfangstagen des Krieges über das städtische Großnotgeld an seinem Ende bis hin zu den Milliardenwerten der Hyperinflation. Das Schwergewicht aber liegt auf der noch immer kaum bekannten Wunderwelt des deutschen Seriennotgelds, das es in dieser Form nirgendwo auf der Welt gegeben hat.
„… Den Armen Bedürftigen helfende Hände reichen …“
„… Den Armen Bedürftigen helfende Hände reichen …“ Der Freiburger Armenfonds vom Mittelalter bis in die Gegenwart
Die vorliegende Broschüre bietet die erste bündige Darstellung der Geschichte des Freiburger Armenfonds. Jenseits des caritativen Auftrags der Kirchen und jenseits heute gesetzlich verankerter Sozialhilfe spiegelt sich im Armenfonds eine lebendige und über Jahrhunderte hin anhaltende Kultur des Gebens und der sozialen Verantwortung wider, die im städtischen Vergleich einzigartig dasteht. Dass ein solcher Fonds, der sich ausschließlich aus freiwilligen Zuwendungen speiste, auch seine Höhen und Tiefen erlebte, liegt auf der Hand. Solange reiche Mitbürger wie Apollinaris Kürser im 16. oder Philipp Merian im 19. Jahrhundert dem Armenfonds große Vermögen vermachten, konnte er seine Aufgaben oft über Jahrzehnte hinaus gut erfüllen. Zu Zeiten, wo dies nicht der Fall war, brauchte es Phantasie und Organisationstalent, ihn überhaupt am Leben zu erhalten. Hier tat sich vor allem der Armenvater Ferdinand Weiß mit seinem selbstlosen Einsatz ab 1800 hervor. Mit Fug und Recht kann man ihn als den ersten Fundraiser Freiburgs bezeichnen.
Mit der Entstehung des modernen Wohlfahrtsstaats und der gesetzlich verankerten Sozialhilfe in den städtischen Haushalten ab den 1870er Jahren wurde der Armenfonds keineswegs überflüssig, sondern bildet seither eine zusätzliche Säule der Finanzierung sozialer Aufgaben. Unter dem Dach der Waisenhausstiftung der Stiftungsverwaltung ermöglicht er bis heute, besondere Projekte oder auch Einzelpersonen nachhaltig zu fördern.
Ohne ihre Sprache wären die Deutschen nicht das Volk der Dichter und Denker. Die deutsche Sprache mit ihrem riesigen, ausdrucksstarken Wort-„Schatz“, ihrer ganz eigenen Grammatik, ihrem ganz eigenen Satzbau, ihrer ganz eigenen Rechtschreibung war und ist das Denk-Zeug ihrer großen Sprecher und Schreiber, mit dem sie gewaltige Werke der Dichtkunst und der wissenschaftlichen Erkenntnis geschaffen haben und noch heute schaffen. Dieses Buch präsentiert sachkundig erläuterte Dokumente aus über tausend Jahren dieser Sprachgeschichte – belletristische, aber auch Sachtexte, die den überwältigenden Gestaltungs- und Formenreichtum der deutschen Sprache sichtbar machen. Sie zeugen besonders klar von ihrer Zeit, haben die Literatur, die Wissenschaft, vielleicht sogar die Welt bewegt oder haben es ihrer Schönheit und Eleganz zuliebe verdient, statt in der literarischen Abstellkammer wieder mehr im Rampenlicht zu stehen. Hinter jedem Dokument, jedem Gedicht, jedem Theaterstück, jedem vorgestellten Roman stehen zehn weitere Dokumente, Gedichte, Dramen und Romane, die mit gleichem Recht hätten vorgestellt werden können. Also auf und los!
Als die Zigarette giftig wurde
Als die Zigarette giftig wurde Ein Risiko-Produkt im Widerstreit
Jonas-Verlag, 2017 mit: Christoph Alten, Gerulf Hirt
Anders als vor dem Zweiten Weltkrieg wird die Zigarette heute als ein gesundheitsschädliches Genuss- oder Suchtmittel wahrgenommen. Seit rund fünfzig Jahren steht sie im Kreuzfeuer der Kritik, aber geraucht wird nach wie vor. Doch warum gilt die Zigarette als ein süchtig machendes, krebserregendes und tödliches Risiko-Produkt? Wie entstand dieses kulturelle wie politische Image und welche Akteure waren daran beteiligt? Inwiefern stand die materielle wie immaterielle Produktsprache des weißen Glimmstängels mit diesem Wandlungsprozess in einer Wechselbeziehung? Dieses Buch spürt dem Gesundheitsdiskurs um das Rauchen und dem damit verbundenen Image- wie Produktwandel der Zigarette in der Bundesrepublik seit den 1960er-Jahren bis hin zu „rauchfreien“ Substituten im frühen 21. Jahrhundert nach.
Die Welt in einer Zigarettenschachtel
Die Welt in einer Zigarettenschachtel Transnationale Horizonte eines deutschen Produkts
Jonas-Verlag, 2017 mit: Sandra Schürmann, Christoph Alten, Gerulf Hirt, Stefan Knopf, Merle Strunk
Die Geschichten des Zigarettenrauchens, des Tabaks, der Zigarettenherstellung und -werbung in Deutschland sind durch und durch transnational: Rohstoffe, Hersteller, Wissen, Produktionsweisen, Bilder und Konsumgewohnheiten waren im 19. und 20. Jahrhundert fortwährend in Bewegung. Sie überquerten mehrmals den Atlantik und überschritten immer wieder die Grenzen zwischen Ländern und Kontinenten. In der deutschen Zigarette und um sie herum interagierten so Ost- und Westeuropa, Orient und Okzident, Europa und die USA. Im Jahrzehnt nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die dahin in Deutschland vorherrschenden Orient-Tabake vom ‚American Blend‘ abgelöst; die deutsche Zigarettenkultur veränderte sich damit fundamental.Die vielschichtigen Bewegungen, Transfers und Beziehungen rund um die deutsche Zigarette werden mit Blick auf das Produkt, seine Hersteller und die Werbung sowie in Detailstudien zu den mit ihnen verbundenen (realen oder imaginären) Ländern und Kulturen betrachtet.
Der aus Reklame Werbung machte
Der aus Reklame Werbung machte Johannes Weidenmüller, Werbewissenschaftler und Agenturgründer
Neuware – Art Director, Briefing, Impact, Teaser.Die Spreche in unseren Werbeagenturen strotzt vor Anglizismen. Und breitet sich von dort in den Alltag aus. Wie sehr jedoch gerade diese Branche ihre Wurzeln vergessen hat, zeigt der Fall des ‚werbwarts‘ Johannes Weidenmüller (1881-1936). Schon 1908 hatte er in Leipzig die erste deutsche Werbeagentur gegründet – seine ‚Werkstatt für neue deutsche Wortkunst‘. Und zugleich mit einer Gründlichkeit wie kein anderer alle Facetten von Werbung durchdacht – soziologisch, psychologisch, alltagskulturell und kommunikationsstrategisch. Seine ‚anbietlehre‘ von 1926 demonstriert, dass selbst der so unverzichtbar erscheinende Begriff Marketing nicht mehr ist als ein neuer Name für eine längst entwickelte Beeinflussungstechnik.
Hühneraugenpflaster im Reklamerausch
Hühneraugenpflaster im Reklamerausch „Kukirol“, „Doktor Unblutig“ und die Werbung der zwanziger Jahre
Als die Werbung noch laufen lernte: Die Studie führt an die Anfänge der wissenschaftlichen Werbeforschung in den 1920er-Jahren. In der Publikation geht es erstens um das Porträt eines der frühesten deutschen Werbeberater, der als Vater der Kukirol-Reklame weit mehr als nur ihr Texter war, sondern auch ihr Stratege: Johannes Iversen (1865-1941); zweitens um die Darstellung der Kampagne mitsamt ihrer Wort- und Bildbotschaften sowie der Werbefigur des Doktor Unblutig zwischen 1923 und 1929; drittens um „die Reklame“ als dem Oberbegriff für einen spezifischen und zudem zeitabhängigen Massenkommunikationsstil – im Gegensatz zu unserem heute geläufigen Terminus „Werbung“. Kurz und prägnant dargestellt: Ein wichtiges Stück deutscher Werbegeschichte.
Tropfenfänger & kreisende Kolben
Tropfenfänger & kreisende Kolben Deutsche Marken-Sonette 2.0.15
Es erscheint kaum mehr vorstellbar: ein Lyrikband, der gut unterhält und auch noch Wissen vermittelt! Dieser tut es, getreu der längst in Vergessenheit geratenen antiken Maxime prodesse et delectare („belehren und unterhalten“). Und er tut es auf ungewöhnliche Weise – mithilfe der poetischen Urform des Sonetts. Das Erstaunlichste daran: Kein Thema, das es nicht erreichte, keine Tonlage, die es nicht träfe, kein Experiment, das es sich versagen müsste. Das funktioniert deshalb, weil der Gedichttyp hier nicht als überkommenes Reimsystem gehandhabt wird, sondern als kybernetisch arbeitendes Erkenntnisinstrument. Ob als Denkfigur oder Geschichtslehrer, als Marketingexperte, Kunsterzieher oder Beziehungs-Supervisor – das Sonett kann die Rolle eines Reporters oder einer Gebrauchsanweisung mit derselben Mühelosigkeit annehmen wie es zur Satire auf Politiker-Rhetorik oder ein Philosophie-Examen wird. Das macht Texte auf ein Panzermodell oder einen Tropfenfänger ebenso möglich wie auf den „deutschen Salzhering“ oder die „Chiquita-Banane“. 40 Jahre sonettischer Schreibpraxis finden Ergänzung und Erhellung in raffinierten Grafiken. Ein Gedicht zu lesen wird so immer auch zum visuellen Erlebnis. Der Formkörper, konsequent als Phänomen materieller Alltagskultur verstanden und genutzt, entfaltet so ganz verblüffende Wirkungen. Und für alle, die mehr über Geschichte, Architektur und Potenzial des Sonetts wissen oder sich selbst an ihm versuchen wollen: Eine fundierte „Betriebsanleitung“ führt in Kompositionsgesetze und Handhabung ein. Eine neue Sonett-Epoche hat begonnen.
Geburt der Massenkultur
Geburt der Massenkultur Beiträge der Tagung des WGL-Forschungsprojekts „Wege in die Moderne. Weltausstellungen, Medien und Musik im 19. Jahrhundert“
Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, 2014 Herausgeber: G. Ulrich Großmann, Roland Prügel
Die interdisziplinären Beiträge fokussieren die Rolle von Weltausstellungen, Medien und Musik hinsichtlich der Bedürfnisse eines an Größe und Diversität zunehmenden Publikums. Sie vertiefen zentrale Themen der Ausstellung »Wege in die Moderne« und ergänzen den Ausstellungskatalog um einen übergreifenden Essayband.
„Wir waren nur verhandelbare Masse“
„Wir waren nur verhandelbare Masse“ Nachkriegsschicksale aus dem Waisenhaus in Freiburg-Günterstal
Als im Juli 2013 die Dokumentation „Das wirst Du nicht los, das verfolgt dich ein Leben lang!“ Die Geschichte des Waisenhauses in Freiburg-Günterstal erschien, stand schon damals außer Frage, dass es einen zweiten Band geben würde, welcher das biographische Material, aus dem die erste Veröffentlichung bereits schöpfen konnte, ungekürzt präsentiert. Dieser wird hier nun vorgelegt: Er enthält über 70 Porträts von ehemaligen Heimkindern, aber auch von Praktikanten, Erziehern, Bediensteten und einer Ordensschwester. Zusammengenommen bieten sie einen authentischen Zugang zur Waisenhaus-Lebenswelt zwischen 1940 und 1985 ausschließlich aus der Sicht von Betroffenen. Wer sich in die einzelnen Schicksale vertieft, lernt alle Facetten der Heimerziehung im Nachkriegsdeutschland kennen und nimmt unmittelbar Anteil an vielen Demütigungen und raren Glücksmomenten. Zuweilen überrascht auch, wie unterschiedlich die Einzelnen ihre Zeit in Günterstal erlebt haben und wie viele Geschichten unter einem Dach doch möglich waren. Grundlage des Projekts war ein Zeitzeugenaufruf in der Tagespresse im Juni 2012, auf den sich fast 90 Ehemalige meldeten. Mit den meisten von ihnen wurden lange Gespräche geführt, ihre Aussagen zu Protokoll genommen und zu Porträts ausformuliert. Daraus konnte bereits der erste Band, welcher die Geschichte des Waisenhauses als Erziehungseinrichtung vom Mittelalter bis in die Gegenwart nachzeichnete, zitieren. Mit den hier vollständig veröffentlichten Porträts wird jetzt das Prinzip der Darstellung umgedreht; nicht mehr die Institution interessiert, sondern ausschließlich die Geschichte der Menschen in diesem Haus. Wie in so vielen Heimen in der Nachkriegszeit war auch die Lebenswirklichkeit in Freiburg-Günterstal von den erschütternden Facetten einer rigiden Repressionspraxis geprägt, ob dies nun die Unterhosen-Inspektionen durch die Ordensschwestern betraf, die zwanghafte Verabreichung von Speisen oder die absurden Praktiken der Geschlechtertrennung – selbst Geschwister sahen einander oft jahrelang nicht! – sowie nicht zugestandene Bildungschancen. Besondere Glaubwürdigkeit gewinnt diese Dokumentation dadurch, dass diese Zustände in Günterstal von den Betroffenen nicht nur ebenso drastisch wie rückhaltlos beim Namen genannt werden, sondern die Hälfte von ihn mit ihrem vollen Namen für ihre Aussagen einsteht. Mehrere ließen es sich sogar nicht nehmen ließ, selbst zur Feder zu greifen, um ihre Erlebnisse in eigenen Worten zu schildern. Im Hinblick auf die vielen zurzeit angelaufenen Projekte zur Aufarbeitung der Heimerziehung in der Nachkriegszeit sind die beiden Teile der Geschichte des Waisenhauses in Freiburg-Günterstal „Das wirst du nicht los, das verfolgt Dich ein Leben lang“ und „Wir waren nur verhandelbare Masse“ mit Sicherheit ein Meilenstein und Quantensprung.
Zigaretten-Fronten
Zigaretten-Fronten Die politischen Kulturen des Rauchens in der Zeit des ersten Weltkriegs
„Haben das Päckchen erhalten. Jetzt können wir wieder flott wegrauchen und den Russen dabei mächtig eins aufbrennen“ (Q.: Feldpostkarte mit Motiv des Zigarettenherstellers Batschari, Juni 1915). Solche Parolen aus dem Feld lassen bereits erahnen, welche alltägliche Bedeutung dem Rauchen im Ersten Weltkrieg zukam. Anders als heute hatte die Zigarette vor hundert Jahren kein Akzeptanzproblem: Sie war ein neuer, aufstrebender Markenartikel und stand für die Moderne schlechthin. Um die Jahrhundertwende war sie gesellschaftsfähig geworden, dank maschineller Herstellung bald für breite Kreise erschwinglich, und ihre Vielfalt war atemberaubend: Um 1910 gab es im Deutschen Reich fast 8.000 Sorten. Werbung und Verpackungen beschworen die Mythen des Orients, die Welt der internationalen Hautevolee, bisweilen mit hervorragender Gebrauchsgrafik. Immer wieder transportierten sie auch politische Botschaften: Der Aufdruck „trustfrei“ etwa reklamierte, diese Marke sei nicht von anglo-amerikanischem Kapital „unterwandert“. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs drängten sich solche nationalistischen Töne nach vorn: Aus der Marke „Gibson Girl“ wurde der schwarz-weiß-rot umrandete „Wimpel“, der angloamerikanisch anmutende „Dandy“ mutierte zu „Dalli“, und „Gil d’Or“ wurde in „General Goeben“ umbenannt. Im Krieg schließlich entwickelte sich die Zigarette vom Genuss- zum Überlebensmittel: Auf dem Weg zur Front, im Schützengraben, im Lazarett oder in der Gefangenschaft war sie Heilmittel und Trostspender. Wo Worte versagten, konnte sie noch Gemeinschaft stiften, sogar mit Feinden. Wo Geld fast keinen Wert mehr hatte, wurde sie zur Währung. Sie gehörte zur markigen Heldenpose, konnte aber auch „letzte Gabe“ für Sterbende sein. Für viele war sie auch eine Brücke in die Heimat und ein Zeichen für den ersehnten Alltag im Frieden. In der zivilen Welt wurden in dieser Zeit erstmals auch Frauen als Konsumentinnen der neuen Raucherware wahrgenommen und angesprochen. Der BMBF-Forschungsverbund „PolitCIGs“ untersucht die Kulturen des Rauchens und die Kulturen des Politischen an den unterschiedlichen „Zigaretten-Fronten“ in der Zeit des Ersten Weltkriegs: bei den Zigaretten selbst, bei den Produzenten, bei soldatischen Konsumenten. Wie veränderten sich das Rauchen und die Zigarette selbst? Welche offenen oder versteckten politischen Botschaften verbanden sich damit? Was war das Neue und Besondere an der Zigarette, wie kam es zu ihrem rasanten Aufschwung nach dem Ersten Weltkrieg?
„Das wirst du nicht los, das verfolgt dich ein Leben lang!“
„Das wirst du nicht los, das verfolgt dich ein Leben lang!“ Die Geschichte des Waisenhauses in Freiburg-Günterstal
Das Waisenhaus im Vorort Günterstal war in der Freiburger Stadtgeschichte bislang ein dunkler Fleck. Dieses Buch bietet auf der Grundlage von fast 90 Zeitzeugengesprächen erstmals einen Einblick in den Lebensalltag seiner Bewohner. Was die Betroffenen dort erlebt und erlitten haben, ist ein beeindruckendes Zeitdokument repressiver Heimerziehung, die sich seit der Eröffnung des Hauses 1894, durch die NS-Zeit bis weit in die siebziger Jahre fast ungebrochen fortsetzte.
Brückenflower
Brückenflower Neue und ältere Lyrik über Brücken und Blumen, Verbindung und Verständigung
Czernik-Verlag „Edition L“ Hockenheim, 2010 Herausgeber: Theo Czernik
The work of motivation and consumer researcher Ernest Dichter was a milestone in the psychological creation of the modern consumer. This collection contextualizes Ernest Dichter within twentieth-century consumer culture and it charts the rise of psychological approaches to consumption in post-war Europe and North America.
Gerd Grimm 1911- 1998
Gerd Grimm 1911- 1998 Mode Mädchen Metropolen Zum 100. Geburtstag
Katalog zur Ausstellung kunsthalle messmer 79359 Riegel am Kaiserstuhl Freiburg, 2010 mit Sabine Lenbach
Gerd Grimm (* 1911 in Karlsruhe, t 1998 in Freiburg) war eine markante Grafikerpersönlichkeit im Deutschland des 20. Jahrhunderts. Als hervorragender Zeichner hat er sich international vor allem in der Mode- und Werbegrafik einen bedeutenden Namen geschaffen. Bekannte Künstler wie Karl Hubbuch, Wilhelm Schnarrenberger und O. W. Hadank waren seine Lehrmeister und auch Vorbilder. Sein Stil, weder imitiert noch maniriert, war originaler Ausdruck seiner Persönlichkeit. Die räumliche und perspektivische Auffassung hat zahlreiche Gestalter und Fotografen inspiriert. Mehr als sechs Jahrzehnte verbrachte er unermüdlich schaffend in Berlin, Frankreich, England, den USA und ab 1950 in Freiburg. Auch ein zwölfjähriges Berufsverbot („Halbjude“) während des NS-Regimes konnte ihn nicht aufhalten. Seine Arbeiten erschienen in renommierten Magazinen wie Harper’s Bazaar, Vogue, Esquire und anderen. Er lieferte auch Werbegrafiken und Buchillustrationen für Verlage wie Ullstein, Fischer, Piper u.a.. Aufträge bekam er von Reemtsma, Chanel, Roth-Händle, Peek & Cloppenburg oder Bogner, die seine zeichnerische Kreativität hoch geschätzt haben. Viele Reisen in die USA, nach Fernost und in die europäischen Hauptstädte lieferten ihm einen reichhaltigen Fundus für seine Zeichnungen. Vor allem der Mensch, insbesondere die Frau („Grimms Mädchen“), stand im Mittelpunkt seiner Arbeiten. Mehr unter www.grimm-foundation.de
Den Weg geschultert
Den Weg geschultert Neue Gedichte zum Thema Heimat
Czernik-Verlag „Edition L“ Hockenheim, 2009 Herausgeber: Theo Czernik
Die Wirtschafts-, Technik- und Unternehmensgeschichte gilt als ein eher sprödes und „trockenes“ Fachgebiet der Geschichtswissenschaft. Gleichwohl ist aus dem Bereich der Wirtschaft und der Unternehmen mit Blick auf die Geschichte immer wieder auch Kurioses, Eigenartiges, trotzdem aber auch Nachdenkenswertes überliefert.
Aus dem Inhalt Ralf Banken: Zahnreinigung durch Sandstrahlen Thomas Welskopp: Baden bei Mannesmann Boris Barth: Leichen, Gase und die Straßenbeleuchtung von Paris Margrit Seckelmann: Patentrecht und Verhütungsmittel Jan Hesse: Die Spucknäpfe der Deutschen Post um 1900 Karl-Peter Ellerbrock: Formaldehyd zur Krabbenkonserviereung Andreas Zilt: Ein „Tiger“ für Japan Christoph Buchheim: Bier und Krieg Hans-Hermann Pogarell: Schimmel an der Front Florian Triebel: Heimito von Doderer und das Unternehmen Hulesch & Quenzel Ltd. Ralf Stremmel: Alfred Krupp – Strafmandat für ein PS Werner Bührer: Fritz Berg, Konrad Adenauer und die „Bergfeste“ Horst A. Wessel: Vom preisgekrönten Eber Berthold, der Zuchtsau Edith und anderen Viechern Christian Kleinschmidt: Fotografierende Japaner und die deutsche Kameraindustrie Dirk Schindelbeck: Die Himmelsschreiber von Persil Roman Rossfeld: Die Alpen, der Teufelsstein, die braune Farbe und die Schweizer Schokolade
Unsere Bank am Kaiserstuhl
Unsere Bank am Kaiserstuhl 140 Jahre Kaiserstühler Volksbank Ein historisches Lesebuch
Am 11. Februar 1868 wurde im Bürgersaal des Rathauses in Endingen der „Vorschussverein mit Sparkasse“ gegründet, die erste Bank in Endingen überhaupt. Eine Bank, die den Vereinsmitgliedern gehörte und Kredite „zu mäßigen Zinsen“ vergeben konnte. Der Rat der Stadt Endingen beschloss am 21. August 1868, dass die Gemeinde für die Einlagen der Sparkasse die Gewährleistung übernimmt. Am 1. März 1869 nahm die angegliederte Sparkasse ihren Betrieb auf. Aus dem Vorschussverein wurde 1873 die „Volksbank Endingen“, die als Genossenschaft mit unbeschränkter Haftung in das Genossenschaftsregister aufgenommen wurde. In ihrer 140-jährigen Geschichte wurde aus kleinen Anfängen die Kaiserstühler Volksbank, die weit über Endingen hinaus zur Bank des Mittelstandes, der Bauern, Handwerker, Fabrikanten und Gewerbetreibenden am nördlichen Kaiserstuhl heranwuchs und dabei den genossenschaftlichen Wurzeln der solidarischen Selbsthilfe zum Wohle der Mitglieder treu blieb. Die Bank hat Weltkriege, Inflationen und Währungsreformen erleben und überleben und sich neuen Herausforderungen stellen müssen. Das historische Lesebuch erzählt die Geschichte der Kaiserstühler Volksbank von der Gründung bis zu den Fusionen der neueren Zeit. Es ist zugleich ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte am Kaiserstuhl.
Ernest Dichter, der „Vater der Motivforschung“, wurde 1907 in Wien geboren und wuchs in einer armen jüdischen Familie auf. Es gelang ihm gleichwohl, an der Universität zu studieren; Psychologie und Psychoanalyse interessierten den jungen Mann besonders. 1936 geriet er ins Visier des Ständestaates, wurde verhaftet und entschied sich zunächst nach Paris zu gehen, um von dort in die USA zu emigrieren. Fortan begab sich der Marketingberater auf die Suche nach den verborgenen „Kaufmotiven“ der Menschen und nach der „Seele der Produkte“. Dichters Denken, seine beeindruckende Persönlichkeit und seine provokativen Schriften polarisierten in den 50er und 60er Jahren weltweit. Der frühe Global Player wurde zum Inbegriff des „geheimen Verführers“ – ein Titel, der ihm schmeichelte und großen Erfolg brachte. Dieses Buch zeichnet erstmals aus europäischer und amerikanischer Perspektive ein Porträt des „Werbegurus“, der unsere Produktlandschaft durch seine Expertisen maßgeblich mitgestaltete.
Eine Bank wie keine andere
Eine Bank wie keine andere 140 Jahre Volksbank Ein historisches Lesebuch
Am 30. Dezember 1866 fanden sich in Freiburg 83 weitsichtige Männer zu einer Solidargemeinschaft zusammen: Mit der Unterstützung des amtierenden Oberbürgermeisters gründete Fabrikanten, Kaufleute, Handwerker und Händler die Freiburger Gewerbebank, die erste Kreditgenossenschaft in Südbaden, die sich an den genossenschaftlichen Ideen von Hermann Schulze-Delitzsch orientierte. Handwerk, Handel und Gewerbe schufen sich ein Instrument, um die Herausforderungen der Industrialisierung zu meistern. Aus der Freiburger Gewerbebank entwickelte sich die Volksbank Freiburg als regionales Kreditinstitut zwischen Kaiserstuhl, Breisgau und Schwarzwald. Dieses historische Lesebuch erzählt die Geschichte der Bank von ihrer Gründung über das Kaiserreich, die Weimarer Republik, das „Dritte Reich“ und den Aufbau der Bundesrepublik bis zu den Herausforderungen der heutigen Zeit. Zwei Weltkriege, Inflationen und Währungsreformen, Fusionen und die globalen Herausforderungen der Gegenwart haben die genossenschaftlichen Ideen nicht zerstören können. Wie vor 140 Jahren ist die Förderung ihrer Mitglieder der besondere Auftrag, ist die Volksbank „eine Bank wie keine andere“. Das historische Lesebuch ist zugleich ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte Freiburgs.
… und dann und wann auch mal galant
… und dann und wann auch mal galant Beiträge zum Phänomen des großen und kleinen Geliebes
Verlag der Studiengalerie Stuttgart, 2006 mit Günter Guben Herausgeber: Klaus Bushoff
Als Werbung noch Reklame hieß… Der Charme historischer Werbung ist unwiderstehlich. Alte Emailschilder mit Werbung für Persil, Maggi oder Stollwerck sind längst begehrte Sammelobjekte. Der reich illustrierte Text-Bildband erzählt von der Entwicklung der „Warenpropaganda“ und verfolgt ihre teils naiven, teils spektakulären Kampagnen durch Kriegs- und Friedenszeiten von 1850 bis 1945. Vierzehn eingestreute Exkurse geben darüber hinaus Einblicke in damals bahnbrechende Werbemoden, – mittel und –methoden wie Litfaßsäule, Werbemobil oder Himmelsschreiber.
Wir träumen uns
Wir träumen uns Gedichte über Sehnsucht, Liebe, Heimat und Abschied
Czernik-Verlag „Edition L“ Hockenheim, 2005 Herausgeber: Theo Czernik
Das vorliegende Buch ist eine Enzyklopädie der größten deutschen Marken, es stellt die Ikonen der Werbewirtschaft vor. Es zeigt, was Standards gesetzt hat auf seinem Gebiet. Welchen Klarsichtklebefilm haben Sie verwendet und welchen Teddybär im Arm gehabt, als Sie aufwuchsen? Welche Kaffee-Filtertüte haben Sie schon immer in Ihrer Küche und welches Waschmittel in der Waschmaschine? Genau um diese großen Marken geht es, von Aspirin bis Zeiss.
Die Präsentation der Königsklasse der deutschen Marken ist auch eine Gesamtschau der Leistungskraft der deutschen Industrie. In Zeiten, wo die Deutschland AG relativ billig zu haben ist und unser Selbstbewusstsein im globalen Wettbewerb nicht gerade am Zenit weilt, ist dies ein nicht ungewünschter Nebeneffekt. Das Buch soll Zuversicht ausstrahlen und das weltbekannte „Made in Germany“ neu und positiv aufladen. Es soll zeigen, zu welch großartigen Leistungen die deutsche Industrie in der Lage ist und welche Weltgeltung viele deutsche Unternehmen in ihrem Bereich haben.
Marken, Moden und Campagnen
Marken, Moden und Campagnen Illustrierte deutsche Konsumgeschichte
Waren, Markenartikel vor allem, sprechen. Sie erzählen uns etwas von unseren Wünschen und „Errungenschaften“, unserem Lebensgefühl. Und immer wieder sind sie die Speicher unserer Erinnerungen und Emotionen. Diese illustrierte Konsumgeschichte der Bundesrepublik von 1945 bis 2000 macht an ausgewählten Produkten bestimmte Entwicklungen deutlich. Sie zeichnet die großen Bewegungen vom Nachholkonsum der frühen fünfziger Jahre bis zum postmodernen Kult- und Erlebniskonsum der achtziger und neunziger Jahre nach. Dazwischen lagen die Jahre der Anschaffungskultur in den späten Fünfzigern, der Zug zum Prestigekonsum in den Sechzigern, der „Konsumterror“ und die Suche nach Alternativen im Gesinnungskonsum der siebziger Jahre. 40 eingestreute Kürzestgeschichten aus dem Konsumalltag – Aufgelesenes, nachdenklich Stimmendes und Komisches aus Ost und West – runden das Buch ab. So verdichtet sich diese deutsche Konsumgeschichte zu einer kollektiven Erzählung dessen wie wir wurden, was wir sind.
LYRIK HEUTE
LYRIK HEUTE Eine Auswahl neuer deutscher Lyrik
Czernik-Verlag „Edition L“ Hockenheim, 2002 Herausgeber: Theo Czernik
Was soll das? Die Tresore der Banken beflügeln seit jeher die Phantasie. Hier ist im Übermaß gelagert, woran es den meisten Menschen mangelt. Wer der Arbeit überdrüssig ist oder sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet, träumt von einem Lottogewinn oder phantasiert von dem Veränderung versprechenden Bankraub. Und bei keinem anderen Delikt können Täter nach einem gelungenen Coup auf soviel Sympathie hoffen, wie nach einem Einbruch in eine Bank oder einem Banküberfall. Die AutorInnen haben keine einheitliche Position zum Bankraub. Zahlreiche Beiträge sind von einer fröhlichen Indifferenz inspiriert. Ziel ist es, weder schönzufärben noch zu verdammen. Solange alles Glück in der Maßeinheit Geld gemessen wird, wird es Banküberfälle und Bankräuber geben. Das kann niemand verhindern. Als ZuschauerInnen dürfen wir uns jedoch Bankraub mit Stil und mit Format wünschen. In diesem Sinne möchte dieses Buch das Niveau in Theorie und Praxis heben.
Darf ich dieses Buch lesen? Die in diesem Band versammelten Beiträge richten sich an unterschiedliche LeserInnen. Gutsituierte BürgerInnen, die zu goutieren wissen, dass das letzte große Abenteuer der bürgerlichen Gesellschaft der Bankraub ist; Unentschlossene, die bisher zwischen Lotto und Bankraub schwanken; Indifferente, die ihre zynische Weltanschauung verfeinern möchten; BücherliebhaberInnen, die ein geschmackvolles Verhältnis von Form und Inhalt zu schätzen wissen; SalonkommunistInnen, die falsches Bewusstsein und das voluntaristische Überspringen notwendiger historischer Schritte kritisieren; all diejenigen, die sich für Stil & Etikette des Bankraubs interessieren; geläuterte Alt‑68erInnen, die sich ob ihrer Erbschaften grämen, aber den Weg ins Existenzgründerseminar noch scheuen; BankerInnen und Finanzfachleute, die den Realitäten des Lebens ins Auge schauen können.
Was steht in diesem Buch? Dieses Buch unternimmt volkskundlich‑kulturwissenschaftliche, anti‑kriminologische, historisch‑kritische, literaturwissenschaftliche, sozialwissenschaftliche und autobiographische Ausflüge in die faszinierende Welt des Bankraubs. Dabei geht es um die Erfindung des Bankraubs: »Von den schwierigen Anfängen zur Blüte des Delikts« (Marcel Boldorf) und den Wilden Westen (Andrea Hoffmann). »Der Niedergang des Verbrechens« (Vincenzo Ruggiero) und »Lottospielen oder Bankraub?« (Klaus Schönberger) formulieren erste Bausteine einer Theorie des Bankraubs. »Nicht der Bankräuber ist schizophren … « (Elisabeth Timm) und »Die Bank‑Ladies ‑ wenn Frauen zu sehr rauben« (Franziska Roller) setzen antikriminologische Akzente. »Ronnie Biggs Superstar« (Dirk Schindelbeck) und die Pfälzer »Kimmelbande« (Thomas Billy Hutter) thematisieren moderne Räuber‑Legenden. Geiselnahme und Todesschüsse gab es in München anno 1971 (Markus Mohr). »Josef der Räuber« im zaristischen Russland (Wladislaw Hedeler, Tupamaros in Uruguay (Theo Bruns/ Gert Eisenbürger/Gaby Küppers), die »>Banken< der Bewegung 2. Juni« (Klaus Viehmann) diskutieren die Praxis politisch inspirierter Expropriationen. Geld oder Leben? lautet immer dann die Frage, wenn Banken‑Sicherungssysteme Geiselnahmen provozieren (Christoph Neumann). »Die Hüllen des Paradieses« entwerfen Architekten, wenn sie Bankgebäude als moderne Kathedralen konzipieren (Martin Kaltwasser). »Handwerk hat goldenen Boden« (Klaus Viehmann) untersucht die Sicherheitsvorkehrungen der Banken und die Fahndungsmethoden der Polizei. »Nichts wie weg« (Florian Schneider) lautet seit jeher die Devise aller BankräuberInnen ‑ wobei die Fortbewegungsmittel die zentrale Rolle spielen. Die Zukunft des professionellen Bankraubs spielt in der immateriellen Welt des Cyberspace (David Rosenthal). In der DDR, in Jugoslawien (Martin Jung) vor und nach 1989 sowie in Rußland (Kai Ehlers), aber auch in Italien (Franco »Bifo« Berardi) gab und gibt es spezifische Traditionen. Eine kleine Trachtenkunde des Bankraubs (Elisabeth Timm: »Maskentreiben«), die Panzerknacker (Gerd Dieterich), Kino (Klaus Peter Eichele), Kriminalroman (Ralph Winkle) und belletristische Literatur (Tom Wolf) begeben sich in die Höhen und Niederungen der Populärkultur. Darüber hinaus finden sich zahlreiche Portraits bekannter und unbekannter BankräuberInnen: Adam Worth (Katharina Kinder), Ma Barker und die Barker‑Karpis‑Gang, Hammer mörder Norbert Poehlke (Martin Jung), Gebrüder Sass (Johannes Mahn), John H. Dillinger (Rudi Maier), Margit Czenki (Theo Bruns/Angela Habersetzer), Patty Hearst, Roger Knobelspiess, Martin Cahill (Kees Stad), Pierre Goldman (Martin Ulmer), Sante Notarnicola, die Bonnot‑Bande (Michael Zaiser), Buenaventura Durruti (Matthias Brieger), Katharina de Fries (Ebbe Kögel), Jacques Mesrine (Jo Baur), Harald Zirngibl, Pino, Bonnie und Clyde (Frank Rumpel), Stephen Reid (Tobias Roller), Burkhard Driest, Mzwakhe Mbuli (Cristian Finkbeiner), Siegfried N. Dennery, Henry Jaeger, Albert Spaggiari (Tom Wolf) und Walter Stürm (Alain Kessi). Kurze anekdotische, denk‑ und merkwürdige Geschichten und rechtliche Hinweise aus der faszinierenden Welt des Bankraubs runden das Buch ab.
Kontakt zum Herausgeber: klaus.schoenberger@gmx.net oder über den Verlag Libertäre Assoziation (VLA) Lindenallee 72 1 20259 Hamburg 1 Tel./Fax: 040‑4393666 lib.ass@t‑online.de
Wiedergeburten
Wiedergeburten Zur Geschichte der runden Jahrestage der DDR
Im Auftrag des DFG-Projektes Propagandageschichte Freiburg & Leipzig in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Museum Berlin und dem Kulturwissenschaftlichen Institut e.V. Leipzig.
Die Initiatoren der Wunderkammern waren auf Kuriositäten und Denkwürdigkeiten aus, auf Dinge, deren Außergewöhnlichkeit es lohnend machte, sie zu bewahren und zu präsentieren. Mit dem modernen Museum wurde die subjektive Sammelleidenschaft um eine scheinbare Objektivität ergänzt, die durch die Suggestion des Vorbildhaften ihrer Exponate zugleich eine weltanschauliche Dimension konstruierte.
Auch das Museum heute, von der Kunst- und Designsammlung bis zum Industriemuseum unserer Tage, (re)produziert Zusammenhänge. Das Selbstverständnis einer neutralen, retrospektiven Sicht, die die gesammelten Objekte logisch zusammenfügt und aus der aktuellen Wirklichkeit in die zeitliche Distanz entrückt, ist jedoch fragwürdig geworden. Das Interesse des vorliegenden Bandes gilt folglich nicht den einzelnen Objekten einer Sammlung, sondern Fragen heutiger Sammelstrategien und Konzepte. Die identitäts- und ordnungsstiftenden Kriterien werden hinterfragt, genauso wie die Sammlung als Reflex des historischen und kulturellen Kontextes.
„Haste was, biste was!“
„Haste was, biste was!“ Werbung für die soziale Marktwirtschaft
Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1999 mit Volker Ilgen
„Haste was, dann biste was!“ – im Sinne dieses Credos der deutschen Wirtschaftswunder-Zeit machte in den fünfziger und sechziger Jahren der in Köln eingetragene Verein „Die Waage“, eine Interessenvertretung der deutschen Unternehmerschaft, von sich reden. Die soziale Marktwirtschaft, ein für die meisten Deutschen zunächst inhaltsleerer Begriff, wurde von der „Waage“ als Markenartikel kreiert und verkauft. Fritz und Otto, die Vertreter der Arbeitnehmerschaft in zahllosen gezeichneten Anzeigen, erklärten über ein Jahrzehnt lang in allen großen Tageszeitungen die Segnungen der Marktwirtschaft. Selbst Loriots ‘Knollennasenmann’ wurde in den Dienst der „Waage“ gestellt. Nach der Katastrophe des Nationalsozialismus sollte Wohlstand für alle in die Haushalte der Bundesrepublik einziehen. Das Buch zeichnet diesen Public-Relations-Prozess nach und bietet damit einen interessanten Einblick in die Wirtschafts-, Sozial- und Mentalitätsgeschichte der jungen Republik.
Jagd auf den Sarotti-Mohr
Jagd auf den Sarotti-Mohr Von der Leidenschaft des Sammelns
Fischer Taschenbuch-Verlag Frankfurt 1997 mit Volker Ilgen
Von Überraschungseiern und ihren Jägern über zäh durchgestandene Ehekriege in deutschen Wohnzimmern („Das Büffett bleibt frei!“) bis zur guten alten Briefmarke – ein Streifzug durch die Welt des Sammelns. Und warum immer ein Stück fehlt.
Propaganda in Deutschland
Propaganda in Deutschland Zur Geschichte der politischen Massenbeeinflussung im 20. Jahrhundert
PROPAGANDA – gemeinhin als Negativbegriff abgewertet – dient in der modernen Massengesellschaft seit jeher dazu, Menschen von politischen Meinungen und Absichten zu überzeugen. Die Autoren dieses Bandes führen in zuweilen sorgsam gehütete Propagandawelten ein: Sie nehmen die Spuren liberaler Propaganda im 19. Jahrhundert auf, fragen nach der Wirkung nationalsozialistischer Propaganda in der Weimarer Republik und führen Adolf Hitler als Produzenten und als Produkt von Propaganda vor. Auch nach 1945 setzte man in beiden deutschen Staaten weiter auf Propaganda. Ostdeutsche Agitatoren suchten die Werktätigen und die Frauen für den Sozialismus zu gewinnen. Bundesdeutsche Propagandastrategen ließen vom Westwind Ballone über die deutsch-deutsche Grenze treiben, die ihre „zersetzende“ Fracht, Flugblätter und Flugschriften, bis nach Leipzig trugen. Und die Amerikaner legten mit dem Marshallplan eines der erfolgreichsten Propaganda- und Public-Relations-Programme der Nachkriegszeit auf …
Die Fallbeispiele führen in ein Jahrhundert deutsche Propagandageschichte ein und leisten Pionierarbeit als Bausteine einer noch zu schreibenden Geschichte der Massenbeeinflussung.
„Ins Gehirn der Masse kriechen!“
„Ins Gehirn der Masse kriechen!“ Werbung und Mentalitätsgeschichte
Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt Darmstadt, 1995 mit Rainer Gries und Volker Ilgen
Werbung – um wirksam zu werden, muss sie Gedanken, Gefühle und Wünsche der Menschen aufspüren, verdichten und vorgeben. Im sensiblen Wechselspiel zwischen Beeinflussern und Beeinflussten formen und manifestieren sich kollektive Selbstverständnisse. Werbung, längst Teil unserer Alltagskultur, ist immer auch Erzählung von Zeit. Hier wird der mental code Werbung erstmals Gegenstand geschichtswissenschaftlicher Betrachtung. Die Freiburger Autoren begreifen und nutzen Werbung als Quelle, als Sonde in die Zeit. An konkreten Kampagnen von den zwanziger Jahren bis in die Gegenwart des deutschen Vereinigungsprozesses gehen sie ihrer Resonanzmacht „im Gehirn der Masse“ nach. Für die Mentalitätsgeschichtsschreibung eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten und Perspektiven – eine Geschichte der Massenbeeinflussung gewinnt Kontur.
„Elf Freunde müsst ihr sein!“
„Elf Freunde müsst ihr sein!“ Einwürfe und Anstöße zur deutschen Fußballgeschichte
Das von Dirk Schindelbeck und Andreas Weber betreute Heft 28 der Geschichtswerkstatt widmet sich dem Thema Fußball aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Der Bogen spannt sich von Betrachtungen zum schon damals akuten Hooliganismus (Michael Prosser) über den kaum in die Bundesliga aufgestiegenen und schon Furore machenden SC Freiburg (Thomas Hohner), dem Fußballspiel als einem speziellen Stück Freiburger Philosophie im Stil Martin Heideggers (Ludger Lütkehaus), der Dramaturgie des „Heldenstücks“ der Sieger von Bern und seiner Bedeutung für das (west-) deutsche Identitäts-Erwachen 1954 (Dirk Schindelbeck), dem (Sozial-) Fall Helmut Rahns (Horst Steffens), dem Umgang der DDR-Medien mit den Weltmeistern aus der BRD (Gerald Diesener), dem Wechselverhältnis zwischen Fußball und Politik (Norbert Seitz) bis hin zum Wunder-Ideologem im westdeutschen Nachkriegsdiskurs (Alfred Georg Frei).
Bilderflut und Sprachmagie
Bilderflut und Sprachmagie Fallstudien zur Kultur der Werbung
Warum die Fünfziger Jahre in den Achtzigern Hochkonjunktur haben… Kanzler Kohl im Kabinenroller: Was treibt den Enkel dazu, sich hinter den Lenker des Messerschmidt-Vehikels zu zwängen, von dem die Werbung 1954 behauptete: „Er kippt nicht“? Helmut Kohl ist keine Ausnahme: in den achtziger Jahren feiert die Adenauer-Ära fröhliche Urständ. „Geschichte“, hier: die Geschichte der fünfziger Jahre, wird zu einem Alltags- und Gegenwartsphänomen, sie wird als Droge den Defiziten unserer Zeit entgegengestellt. Diese alltäglichen Aneignungen werden nicht schriftlich, sondern in Form von Bildern vermittelt. Die Analyse dieser Geschichtsbilder führt nicht nur in die Vergangenheit, sondern gerät überdies zur Archäologie der Gegenwart. Die Autoren sind den umlaufenden Geschichtsbildern von jener Epoche auf ungewöhnlichen Wegen nachgegangen. Aussagekräftige Bilder der fünfziger Jahre manifestieren sich beispielsweise im Modellbau, werden in vielfältiger Weise von der Werbung aufgegriffen und von Politikern wie Helmut Kohl und Norbert Blüm benutzt. Geschichte wird in der entwickelten Konsumgesellschaft gebraucht und verbraucht, gestylte und verkauft. Geschichte wird als „Heimat“ zum Konsumgut.
Die Veränderung der Sonettstruktur von der deutschen Lyrik der Jahrhundertwende bis in die Gegenwart
Die Veränderung der Sonettstruktur von der deutschen Lyrik der Jahrhundertwende bis in die Gegenwart
Verlag Peter Lang Frankfurt/Bern/New York/Paris, 1987
Oft totgesagt, erlebt das Sonett heute eine Renaissance. Worin liegen die Ursachen hierfür, und welches Formverständnis bewirkt dies? Die tradierten Gattungsdefinitionen („festes Reimgedicht“; „dialektische Form“) vermögen darauf längst keine Antwort mehr zu geben. Die vorliegende Arbeit unternimmt zum ersten Mal exemplarisch und durchgängig, strukturelle Formbedingungen als ‚sonettisch’ zu verstehen und theoretisch herzuleiten, um sie später für die Analyse des einzelnen Gedichts nutzbar zu machen. Den Bewegungsabläufen, den lyrischen Syllogismen und der selbstreflexiven Tendenz sonettischer Formkörper wird nachgedacht, wobei sich oft überraschende Leistungen der Formgattung zeigen. Musterinterpretationen verfolgen schließlich Wandel, Funktion und Möglichkeiten sonettischen Dichtens im 20. Jahrhundert vom Expressionismus über Exil, Nachkriegszeit und die 60er Jahre bis in die unmittelbare Gegenwart der jüngsten Lyrik Karl Krolows.